Schefflera
Von Anthony Abruzzo über Roy Lichtenstein zu Pflanzpaket - Drowning Girl im Wandel
New York City: 1963
In der Kunstwelt macht sich eine neue Stilepoche breit. Pop Art heißt der neue Stil und beschreibt die realistische und oft großformatige Darstellung der modernen Welt. Eine Welt des Konsums und der Massenmedien wird mit einfachen Formen und Farben bemalt und dargestellt.[1]
Für die Künstler dieses Stils wie Andy Warhol und Roy Lichtenstein ist Pop Art eine Art Gegenbewegung zum gegenwärtig noch vorherrschenden abstrakten Expressionismus. Dieser erscheint ihnen zu weltfremd, zu abgekehrt von der Wirklichkeit.
Anthony Abruzzo lebt im Jahr 1963 in Brooklyn, New York. Er beschäftigt sich seit seiner Zeit in der US - Army damit Comics zu zeichnen. Seit 1952 ist er ein wichtiger Mitwirkender für DC Comics und arbeitet an deren „Romance line“. Das sind Comics, die ausschließlich Liebesgeschichten abbilden. Eine gezielte Abwendung von den klassischen Superhelden-Comics. Comics für den „erwachsenen Leser“.
Als Beispiel eine Seite aus dem Comic „Secret Hearts #83“ vom November 1962.[2]

Zu sehen ist eine junge Frau, die anstatt die Hilfe ihres Freundes anzunehmen, lieber ertrinken würde.
Einem anderen Künstler wird das ausdrucksstarke Motiv später gefallen und als Vorlage für eines seiner bedeutendsten Werke dienen: Roy Lichtenstein.
Roy brauchte etwa vierzig Jahre, bis seine Kunst anklang in der Kunstwelt fand. Er lehrte an der Universität von New Jersey Kunst und zeichnete expressionistische Bilder, die jedoch nicht die gewünschte Beliebtheit erlangen konnten. Ab 1960 begeisterte er sich für den jungen Pop Art Stil. Seinen Durchbruch konnte er 1961 mit dem Bild „Look Mickey“ feiern.[3]
Von nun an zeichnen großformatige Comic Bilder mit klaren Farben, in denen es oft um Liebe und Krieg geht, seine Werke aus. Das bringt uns zu dem neuesten Gemälde von Roy Lichtenstein. Es trägt den Titel „Drowning Girl“ und zeigt einen Ausschnitt aus dem oben genannten Comic.

Die junge Frau ruft auch hier nach ihrem Freund, der allerdings nicht „Mal“, sondern „Brad“ heißt. Lichtenstein verwendet oft diesen Namen, da er für ihn heldenhaft klingt.
Ganz anders als im Comic weiß man sonst nichts über die Situation. Weder wer Brad ist noch wieso die junge Frau ertrinkt. Vor dem Betrachter steht eine dramatische Situation, mit der sich dieser aber nicht weiter identifizieren kann. Ein typisches Stilelement Lichtensteins.[4]
Seinen typischen industriellen Malstil realisiert Lichtenstein mit sogenannten Benday Dots. Das sind große Flächen voller Farbpunkte, statt ganzer Farbflächen.[5] Die wenigen Farben, die Lichtenstein benutzt, sind ein weiteres Beispiel seines industriellen Malstils. In „Drowning Girl“ malte er beispielsweise die schwarzen Haare blau, um Lichteffekte zu sparen.[6]
Wo Erfolg ist, ist auch Kritik nicht weit. In der New York Times wurde Lichtenstein als einer der schlechtesten Künstler bezeichnet. Man fragte sich, ob es überhaupt Kunst sei, was er da mache. Nicht zuletzt wurde Roy Lichtenstein dafür kritisiert, dass er die Werke anderer Künstler ohne Erlaubnis für seine Arbeit verwendete.[7]
Lichtenstein entgegnet, dass er Kunst aus Comic Vorlagen kreiert, um diese neu zu erschaffen und nicht zu kopieren.
Leipzig: 2020
Die Welt hat sich verändert und mit ihr auch die Kunst. Von Stilepochen wie es sie in der Vergangenheit gab, kann keine Rede mehr sein. Zu heterogen und verrückt ist die Kunst, die heute erschaffen wird.
Doch Kunstwerke aus früheren Epochen leben wieder auf eine ganz neue Art und Weise auf. In Form von Memes.
Memes als Kunst zu bezeichnen scheint vielleicht eigenartig. Aber wenn man Kunst als „das Ergebnis eines kreativen Prozesses“ [8] ansieht, sind sie genau das.
Und so kam es, dass ich das Kunstwerk von Roy Lichtenstein als Vorlage für meine Idee genommen und neugestaltet habe.
Ich habe mir überlegt, wie ich auf lustige Art und Weise den besonderen Wert der Schefflera ausdrücken kann. Die Schefflera beeindruckt besonders durch ihre auffälligen Blätter. Sie wachsen kreisförmig aus neuen Trieben und können bei ausgewachsenen Pflanzen dichte Kronen bilden.

In meiner Hommage ist die Handhaltung der jungen Frau soweit verändert, dass sie nun einen Sprössling der Pflanze in der Hand hält. Lieber als ihre Schefflera zu verlieren, würde sie ertrinken.
Genau wie Roy Lichtenstein sehe ich die Änderung nicht als diebisch an, sondern als Neufassung oder auch Weiterentwicklung alter Ideen.
58 Jahre sind seit der Entstehung des ursprünglichen Bildes vergangen. Es ist noch immer aktuell und befindet sich wie die Kunst im ständigen Wandel.
Literaturnachweise:
[1] https://stilepochen.wordpress.com/pop-art-1910-1935-2/ - aktualisiert am 20.12.2020
[2] http://www.comicsdetective.com/2020/08/tony-abruzzo-taking-the-road-less-travelled/ - aktualisiert am 26.12.2020
[3] https://www.kunstplaza.de/grafikdesign-2/roy-lichtenstein-leben-mit-der-kunst/ - aktualisiert am 26.12.2020
[4] https://en.wikipedia.org/wiki/Drowning_Girl - aktualisiert am 26.12.2020
[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Benday_Dots - aktualisiert am 26.12.2020
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Roy_Lichtenstein - aktualisiert am 26.12.2020
[7] https://en.wikipedia.org/wiki/Drowning_Girl - aktualisiert am 26.12.2020
Bildnachweise:
Bild 1: http://www.comicsdetective.com/wp-content/uploads/2020/08/abruzzosecret83.jpg - aktualisiert am 26.12.2020
Bild 2: eigene Aufnahme aus MOMA New York City am 29.02.2020
Bild 3: eigene Collage