Die Temperatur ist einer der wichtigsten Faktoren, die das Wachstum von Pflanzen beeinflussen. Mit einer Temperatur zwischen 15 und 25 Grad Celsius haben die meisten Innenräume eine Temperatur, in der sich Zimmerpflanzen gut entwickeln können. Allerdings gibt es hin und wieder auch extreme Temperaturen im Innenraum. Sind die Temperaturen für Zimmerpflanzen unter 10 Grad oder jenseits von 30 Grad Celsius bedeuten das Stress für Zimmerpflanzen, der teilweise schwere Folgen für die Pflanzengesundheit haben können.
Im Folgenden erfährst du wie Temperaturen auf Pflanzen einwirken, wie sich Pflanzen an schwankende Temperaturen anpassen, wie die innere Uhr von Pflanzen mit der Temperatur zusammenhängt und wie das Immunsystem von Pflanzen durch die Temperatur beeinflusst wird.
Inhalt
- Wie Pflanzen Temperaturen wahrnehmen
- Mindestemperaturen für Zimmerpflanzen
- Hitze und Zimmerpflanzen
- Temperatur und Photosynthese
- Temperatur und die innere Uhr von Pflanzen
- Temperatur und das Immunsystem von Pflanzen
Wie Pflanzen Temperaturen wahrnehmen und darauf reagieren
Stark vereinfacht: Temperaturen beeinflussen den Ausstoß von Pflanzenhormonen. Das führt dazu, dass niedrige Temperaturen die Wurzel- und Fruchtbildung reduzieren, Pflanzen kleiner bleiben und Samen schlechter keimen. Auch andere Pflanzenprozesse werden von der Temperatur beeinflusst, so können bei höheren Temperaturen mehr Nährstoffe aufgenommen werden und die Atmung der Pflanze nimmt zu.
Pflanzen nehmen auf verschiedene Art und Weise die Temperaturen, die sie umgeben wahr. Sogenannte thermosensitive Kanäle in der Membran von Pflanzenzellen öffnen und schließen sich bei bestimmten Temperaturen, um Ionen in die Zellen fließen zu lassen. Dadurch werden Prozesse wie die Photosynthese und die Produktion und Aktivierung verschiedener Hormone beeinflusst.
Dabei sind Auxine und Gibberelline Beispiele für Hormone, die von der Temperatur beeinflusst werden können. Auxine sind mitverantwortlich für die Ausbildung von Früchten und für deren Reifeprozess sowie für die Ausbildung bestimmter Wurzeln. Niedrige Temperaturen führen zu einer Absenkung des Auxin Hormonspiegels, während steigende Temperaturen entsprechend das Gegenteil bewirken. Demnach beschleunigt eine höhere Temperatur die Entwicklung der Pflanze, das Wachstum der Wurzeln und die Entwicklung von Laubblättern und Blüten.
Gibberelline sind Pflanzenhormone, die mitverantwortlich sind für das Wachstum der Sprossachse bzw. der Stängel einer Pflanze. Sie fördern das Wachstum von Seitenknospen, um die Verzweigung zu steigern und unterstützen die Zellteilung. Auch spielen sie eine Rolle bei der Keimung von Samen, indem sie unter anderem die Samenruhe (Dormanz) unterbrechen können.
Die Menge an Gibberellinen steigt auch mit höheren Temperaturen an. Niedrigere Temperaturen haben zur Folge, dass weniger Gibberelline produziert werden und Pflanzen kompakter bleiben, was sich nordischen Regionen auch beobachten lässt.
Außerdem beeinflusst die Temperatur auch den Energiehaushalt von Pflanzen.
Um herauszufinden, wie die biologischen Prozesse von Pflanzen auf sich ändernde Temperaturen reagieren wird in der Wissenschaft häufig der Temperaturkoeffizient (Q10) verwendet. Der Koeffizient gibt an, welchen Einfluss auf einen Prozess eine Temperaturänderung von 10 Grad Celsius hat.
Ein Beispiel:
In einer Studie zur Nahrungsaufnahme von Weizenwurzeln erhöhte sich die Aufnahmegeschwindigkeit der meisten Nährstoffe bei höheren Temperaturen mit einem Temperaturkoeffizienten von ungefähr 1,1 – 2,0. Das heißt, wenn die Temperatur um 10 Grad Celsius erhöht, wurden 1,1 – 2,0 mal so viele Nährstoffe über die Wurzeln aufgenommen. Es ließ sich auch beobachten, dass Anionen stärker auf Temperaturerhöhungen reagierten als Kationen.
Auch für die Untersuchung des Energiehaushaltes ist der Temperaturkoeffizient interessant: So lässt sich beobachten, dass die Atmung (Respiration) von Pflanzen bei höheren Temperaturen zunimmt:
In einer Studie mit verschiedenen Farnen als Versuchspflanzen wurde bei einem Temperaturanstieg von 40 Grad Celsius auf 50 Grad Celsius ein Q10 Wert von 2 gemessen, was einer Verdopplung der Atmungsintensität entspricht. Bei Studentenblumen war der Effekt bei einer Temperaturerhöhung von 20 Grad Celsius auf 30 Grad Celsius weniger stark bei 1,35-1,55.
Die Mindesttemperatur für Zimmerpflanzen
Kalte Temperaturen und kalte Umgebungen können einige Stressfaktoren für Pflanzen wie verminderte Nährstoffzufuhr, teilweise Trockenheit und ungünstige Bodenbedingungen verursachen. Einerseits kann das durch Auswirkungen auf die Umgebung wie Bodenfrost, der die Erde verhärtet passieren. Andererseits können niedrige Temperaturen auch eine direkte Ursache für Schäden an Pflanzen-Zellen sein. Pflanzen, die aus Regionen mit eher gleichbleibenden Temperaturen kommen reagieren oft besonders stark auf kalte Temperaturen. Bei diesen Arten kann die gesunde Mindesttemperatur schon bei 10 Grad Celsius liegen und Temperaturen darunter können bereits zu tödlichen Verletzungen führen. Für die meisten Zimmerpflanzen gilt, dass die Temperatur nicht unter den Gefrierpunkt sinken sollte und Temperaturen unter 10 Grad Celsius vorübergehend von der Pflanze ertragen werden kann.
Symptome für Unterkühlung:
- Geringes bis kein Wachstum
- Chlorose (Bleichsucht/Gelbsucht) – es wird weniger oder kein Chlorophyll gebildet -> helle gelblich bis weiße Blätter
- Zelldruck sinkt – Blätter beginnen zu welken
Einige Pflanzen haben Mechanismen entwickelt, um sich an kalte Umgebungen anzupassen. Es gibt zum Beispiel Pflanzen, die durch die Produktion bestimmter Zuckerverbindungen und Proteine das Gewebe vor dem Einfrieren schützen. Sogenannte Kältetoleranzproteine binden sich an Eiskristalle, um deren Wachstum zu verhindern.
Pflanzen, die solche Zuckerverbindungen und Proteine produzieren, sind Pflanzen, die in eher kühlen Regionen wachsen und sich über die Zeit an das vorherrschende Klima angepasst haben. Dazu gehören Bäume wie Ahorn und Birke sowie Kulturpflanzen wie der Winterweizen.
Kälteresistente Zimmerpflanzen
Es gibt auch einige Zimmerpflanzen, die sich spezialisiert haben, Kälte zu widerstehen. Dazu gehören zum Beispiel der Weihnachtsstern, der Dehydrine produziert. Das sind Proteine, die Zellschäden durch Kälteeinwirkung minimieren können. Die Wachsblume entwickelt Zuckerverbindungen wie Mannitol, um Zellen vor Einfrieren zu schützen. Ein echter pflanzlicher Frostschutz! Auch einige sukkulente Pflanzen verschiedene Zuckerverbindungen als Frostschutz. Dazu gehören Agaven und Kaktusfeigen.
Darüber hinaus können bestimmte Pflanzen ihren Stoffwechsel an Kälte anpassen, indem verschiedene Enzyme vermehrt produziert werden, die Prozesse wie die Photosynthese aufrechterhalten. Hierzu gehören zum Beispiel die Alpen-Aster und sukkulente Pflanzen wie Hauswurzen (Sempervivum), die oft als Zierpflanzen zu sehen sind.
So schützen sich Pflanzen vor warmen Temperaturen
Auch warme Temperaturen können für Pflanzen Stress bedeuten. Es gibt daher für Pflanzen verschiedene Wege sich anzupassen. So entwickeln Wüstenpflanzen wie die Koloquinte und die Dattelpalme eine Wachsschicht auf ihren Blättern, die die Verdunstung von Wasser bremst. Viele Kakteen bilden ihre typischen Stacheln aus, um Tauwasser zu sammeln und Sonnenlicht zu reflektieren.
Hier sind einige Anzeichen, dass die Temperatur zu hoch ist:
- Gelb- braun Färbung der Blätter durch Schädigung des Chlorophylls
- Schlaffe, welke Blätter durch zu hohe Verdunstung von Wasser über die Blätter
- Blätterwurf, um die hohe Transpirationsrate auszugleichen und den Wasserhaushalt zu regulieren.
Temperatur und die Photosynthese
Wie bereits bemerkt beeinflusst die Temperatur auch die Photosynthese. Der Temperaturbereich, in dem die optimale Fotosyntheseleistung stattfinden kann, variiert sehr stark bei verschiedenen Pflanzen. Das Optimum liegt ungefähr bei 30 Grad Celsius, bei manchen Pflanzen allerdings auch deutlich tiefer oder höher. Bei Orangenpflanzen zum Beispiel kann die optimale Photosyntheseleistung bei 40 Grad Celsius erreicht werden. Überhalb (sowie unterhalb) des Optimums nimmt die Leistung ab und es kann auch zu Schäden bei der Pflanze kommen.
Temperatur und die innere Uhr von Pflanzen
Pflanzen müssen in der freien Natur mit sich ständig ändernden Temperatur- und Lichtveränderungen klarkommen. Da Licht und Temperatur oft zusammenhängen, verbinden Pflanzen Lichtsignale mit Temperatursignalen, um sich an die Umgebung anpassen und entwickeln zu können. Beispielsweise haben Studien gezeigt, dass lichtempfindliche Proteine, sogenannte Photorezeptoren stark von der Umgebungstemperatur beeinflusst werden.
Da die Temperatur und das Licht zuallermeist auch von der Tageszeit abhängen, besitzen Pflanzen ähnlich wie wir Menschen eine innere Uhr (Zirkadianer Rhythmus), von dem sie ihre physiologischen Prozesse abhängig machen können und sich so auf die Schwankungen der Temperatur und Lichtverhältnisse im Tagesverlauf anpassen können.
Für Zimmerpflanzen wird der zirkadianische Rhythmus leider doppelt gestört: Einerseits sind künstliche Lichtquellen oft noch spät in der Nacht an, und Verdunklungsmaßnahmen wie Rollos verhindern eine natürliche Lichteinstrahlung. Andererseits gibt es in Innenräumen keine besonders stark ausgeprägten Tag bzw. Nacht Temperaturschwankungen. Das kann zu Wachstums- und Entwicklungsstörungen deiner Zimmerpflanzen führen. Außerdem kann die Blüte von Pflanzen negativ beeinflusst werden, wenn der zirkadiane Rhythmus gestört wird.
Es kann für Zimmerpflanzen sinnvoll sein, wenn du in der Nacht zumindest das Fenster öffnest, um die Temperatur etwas herunterzukühlen und eine kühlere Abendluft zu simulieren (Das sorgt übrigens auch für ein besseres Raumklima und Schlaf, da Pflanzen in der Nacht in der Regel CO2 ausstoßen)
Darüber hinaus wird die Fotosynthese gestört, wenn Licht und Temperatur nicht zusammenpassen, was wiederum den Stoffwechsel und die Nährstoffversorgung stören kann. Es gibt noch einige weitere wichtige Effekte, die Licht allein auf Pflanzen ausübt. Über diese werden wir im nächsten Artikel ausführlich informieren.
Pflanzen können unnatürliche Temperaturschwankungen (wenn sie nicht zu stark sind) durch einen speziellen Kompensationsmechanismus ausblenden, so dass diese die biologische Uhr nicht stören.
Temperatur und das Immunsystem von Pflanzen
Stark vereinfacht: Es kann leider nicht allgemeingültig gesagt werden bei welcher Temperatur das Immunsystem von Pflanzen am besten funktioniert. Stattdessen verändern Pflanzen ihre Immunantwort bei verschiedenen Temperaturen. Es ist sind weitere Forschungen nötig, um abschließende Schlüsse zu ziehen. Vereinfacht lässt sich aber schon sagen, dass Extremtemperaturen in beide Richtungen vermieden werden sollten und eine Temperatur, die den Lichtverhältnissen entspricht zu einer besseren Pflanzengesundheit führt.
Da sich Pflanzen mit Schädlingen auseinandersetzen müssen, haben diese ein Immunsystem entwickelt, um sich gesund zu halten und Pathogene bekämpfen zu können. Temperaturen haben dabei Einfluss auf die Fähigkeit Krankheiten abwehren zu können. So werden bestimmte sogenannte R-Gene von hohen Temperaturen negativ beeinflusst.
R-Gene sind Resistenzgene von Pflanzen, die wiederum R-Proteine (Resistenzproteine) produzieren, um Krankheitserreger bekämpfen zu können. Bei Versuchen an Tomatenpflanzen hat sich gezeigt, dass bestimmte R-Gene nur bei Temperaturen unter 28 Grad Celsius Widerstand gegen Wurzel-Knollen Nematoden bieten können.
Das Abwehrhormon Salicylsäure kann bei höheren Temperaturen auch schlechter gebildet werden und schon kurze Hitzewellen stören die Produktion in der Pflanze.
Auf der anderen Seite können auch niedrige Temperaturen einen negativen Einfluss auf das Immunsystem von Pflanzen haben. Bei Versuchen an Tabakpflanzen hat sich ergeben, dass die Infektion mit einem bestimmten Virus nur bei höheren Temperaturen über das RNA-Silencing bekämpft werden kann. Einfach gesagt wird hierbei verhindert, dass Gene von Viren bzw. Pathogenen in Proteine umgewandelt werden, die die Pflanze krank machen (Expression von Genen). Das RNA-Silencing war bei diesen Versuchen bei Temperaturen in Höhe von 27 Grad Celsius aktiv, konnte bei 15 Grad Celsius allerdings nicht von der Pflanze aktiviert werden.
Bei Experimenten an Weinreben konnte man hingegen herausfinden, dass eine mehrstündige Kältebehandlung bei weniger als 8 Grad Celsius dazu geführt hat, dass die Infektionsanfälligkeit und die Kolonisierung von Mehltaupilzen deutlich reduziert werden konnte. Kälte wirkte sich also eher positiv auf die Immunantwort von den Weinreben aus.
Untersuchungen haben gezeigt, dass zwei bestimmte Immunantworten temperaturabhängig sind. ETI-Signaling wird von Pflanzen bei niedrigen Temperaturen (10-23 Grad Celsius) aktiivert und PTI-Signaling wird bei höheren Temperaturen (23-32 Grad Celsius) aktiviert. Die beiden Immunantworten unterscheiden sich anhand des Reizes, der die Antwort triggert.
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