Der ultimative Blattlaus Guide

5. Sep 2022
Blattlaus Zeichnung

Blattläuse sind häufige Schädlinge für Zimmerpflanzen. In diesem Beitrag knüpfen wir uns die Schädlinge genaustens vor. Erfahre, wie du Blattläuse sicher identifizieren kannst, wie du sie vermeidest und im worst Case auch schnellstens wieder loswirst. Außerdem erklären wir einfach verständlich, wieso Blattläuse bei der Pflanzenwahl mäkelig sind, wieso sie sich gerne mit Pflanzenviren infizieren und warum ihre best Buddies Ameisen sind.

Inhalt

  1. Sind meine Pflanzen von Blattläusen befallen?
  2. Wieso vermehren sich Blattläuse so schnell?
  3. Wie umgehen Blattläuse die pflanzliche Verteidigung?
  4. Wie kann man Blattläuse vermeiden?
  5. Wie kann man Blattläuse schnell loswerden?
  6. Wie wählen Blattläuse ihre Wirtspflanze?
  7. Warum sind Blattläuse solche Virenschleudern?
  8. Verschlimmern Pflanzenviren den Blattlausbefall?
  9. Warum sind Blattläuse und Ameisen so gut befreundet?
  10. Sind Blattläuse in Kombination mit Ameisen besonders schlimm?

Sind meine Pflanzen von Blattläusen befallen?

Wachsen deine Pflanzen langsam und ihre Blätter färben sich gelb bis braun, rollen sich ein oder verwelken? Dann könnten deine Pflanzen unter einem Blattlausbefall leiden. Schau dir deine Pflanze einmal genau an: Blattläuse siedeln sich am liebsten an den Blattunterseiten sowie an jungen Trieben und weichen Blattansätzen an. Sie haben kleine ovale Körper, die bis zu 7 Millimeter lang werden und verschiedene Farben annehmen. Die Arten, die Zimmerpflanzen am häufigsten befallen (Grüne Pfirsichblattlaus, gestreifte Kartoffelblattlaus, Gurkenblattlaus und Chrysanthemenblattlaus) sind grün, braun oder schwarz. Allerdings können auch andersfarbige Schädlinge Blattläuse sein. Auf Influentialpoints findest du eine Übersicht und Bilder vieler bekannter Blattlausarten und kannst diese mit deinem Befall abgleichen. Weitere Anzeichen, dass es sich bei deiner Pflanze um einen Blattlausbefall handeln könnte, sind klebrige Blätter und Ameisen an der Pflanze. Ameisen und Blattläuse sind nämlich beste Freunde – dazu später mehr. Schädlinge, die ähnliche Symptome hervorrufen sind Schildläuse und Thripse, also überprüfe am besten, dass es sich nicht in Wirklichkeit um diese Übeltäter handelt.

In Mitteleuropa kommen ungefähr 800 verschiedene Blattlausarten vor, allerdings sind viele davon auf bestimmte Wirtspflanzen spezialisiert und werden deine Zimmerpflanzen daher eher nicht befallen.

Wieso vermehren sich Blattläuse so schnell?

Nach dem Winter schlüpfen aus Blattlauseiern, die auf Wirtspflanzen abgelegt wurden, weibliche Blattläuse. Diese Weibchen vermehren sich durch Jungfernzeugung. Das bedeutet, sie brauchen keinen Geschlechtspartner, um Nachkommen zu zeugen.

Durch Jungfernzeugung geborene Blattläuse sind fast perfekte Kopien ihrer Mutter. Nur in ihrer Größe können sie sich unterscheiden

Schwangere Blattlaus, deren Kind auch schwanger istDie Weibchen gebären am Tag 3-5 lebende Junge, die schon bei ihrer Geburt (!!) selbst schwanger sein können. Da Blattläuse ungefähr 20 - 30 Tage lang leben, ergeben sich aus diesem Fortpflanzungswahn 20 – 40 Generationen pro Jahr. Würden alle Blattläuse überleben, dann könnte auf diesem Weg ein einziges Blattlausweibchen innerhalb von einem Jahr eine Kolonie mit mehreren Milliarden Kopien ihrer selbst begründen. Ein schauriger Gedanke – zum Glück schauen wir uns weiter unten Wege zur erfolgreichen Bekämpfung und Vermeidung an. Aber erstmal zurück zur Lebensweise unserer gemeinen Freunde, denn Blattläuse haben noch ein paar mehr Asse im Ärmel: Sobald es Blattläusen nicht mehr auf ihrer besiedelten Pflanze gefällt, wachsen der nächsten Generation ein paar Flügel und sie siedeln einfach auf neue Wirtspflanzen über. Diese geflügelten Blattläuse sind schlechte Flieger und werden eher in Form von Luftplankton vom Wind verbreitet. Sie sind wieder geschlechtsfähig und gebären keine lebenden Blattläuse, sondern legen 40-100 Eier auf einer neuen Pflanze. Das hat den Vorteil, dass die Eier unbeschadet überwintern und bei wärmeren Temperaturen schlüpfen können.

Ein alter Volksglaube war, dass Blattläuse durch einen sogenannten Neffenregen auf Pflanzen gebracht werden. Aber keine Angst, das stimmt nicht und deine Pflanzen müssen sich nicht vor dem nächsten Regen fürchten.

Wie umgehen Blattläuse die pflanzliche Verteidigung?

Blattläuse sind heiß auf den zucker- und aminosäurereichen Pflanzensaft. Um diesen anzuzapfen, müssen sie pflanzliche Verteidigungsmechanismen umgehen und den Stoffwechsel der Pflanze für ihre Zwecke manipulieren. Normalerweise verschließen Pflanzen bei Verletzungen ihre Gefäße, so dass kein weiterer Pflanzensaft durch die verletzten Zellen fließt. Diese Verteidigung müssen Blattläuse umgehen, um weiterhin Pflanzensaft saugen zu können. Dafür versiegeln sie einerseits verletzte Zellen, so dass die Pflanze ihre Verletzung nicht merkt. Auf der anderen Seite neutralisieren Blattläuse Botenstoffe innerhalb der Pflanze, so dass diese nicht „merkt“, dass sie verletzt ist. Außerdem schwächen Blattläuse den Aufbau von Zellwänden, so dass junge Blattläuse leichter in die Pflanze eindringen können. Das alles können Blattläuse allein mit ihrem Speichel. Da bleibt unseren Pflanzen die Spucke weg.

Wie kann man Blattläuse vermeiden?

Wir haben gelernt, dass Blattläuse echt eine Menge auf dem Kasten haben. Deshalb wäre es für uns am einfachsten, wenn unsere Pflanzen sie gar nicht erst bekommen. Dafür ist es erstmal wichtig, dass es deinen Pflanzen gut geht und du ihre Bedürfnisse erfüllst, denn gesunde Pflanzen können sich sehr gut selbst gegen Blattläuse verteidigen. Achte dafür auf gute Lichtverhältnisse, das passende Substrat und die richtige Bewässerung für deine Pflanzen. Dann werden sich deine Pflanzen durch eigene Abwehrstoffe (Botanicals) gegen Blattläuse behaupten können. Außerdem solltest du deine Pflanzen nicht überdüngen. Zu viel Stickstoff schwächt die Zellwände deiner Pflanzen und macht sie anfälliger gegen Übergriffe von Blattläusen. Solltest du dir eine neue Pflanze anschaffen, dann untersuche sie am besten genaustens auf einen Befall und isoliere sie für einige Tage, um sicherzugehen, dass sie nicht unter einem Befall leidet.

Zu guter Letzt spielt auch das Erbmaterial deiner Pflanze(n) eine Rolle. Es gibt Pflanzen, die einfach weniger anfällig für einen Blattlausbefall sind. Daran kannst du nichts ändern, aber es könnte dir beantworten, warum manche Pflanzen einfach nicht befallen werden, während es andere erwischt.

Wie kann man Blattläuse schnell loswerden? 

Blattläuse sind im Verhältnis zu anderen Schädlingen relativ einfach loszuwerden. Da sie noch groß genug sind, um sie überall bei genauem Hinsehen zu entdecken und an Zimmerpflanzen in der Regel keine Eier legen, können sie durch eine gezielte und genaue Bekämpfung wieder verschwinden.

  1. Abduschen

Stelle deine befallene Pflanze in die Badewanne und dusche sie einmal so gründlich du kannst ab. Die Blattläuse, die auf diese Weise herunterfallen, werden verhungern und ihren Weg nicht zurück zur Pflanze finden.

  1. Reste Ablesen

Nutze nun eine Rolle Küchenpapier und suche deine Pflanze gründlich ab. Streiche alle Blattläuse, die du finden kannst von der Pflanze

  1. Pflanze mit natürlichem Pestizid behandeln (optional)

Eigentlich sollten, falls du gründlich genug warst, alle Blattläuse schon weg sein, aber vielleicht hast du auch ein paar übersehen. Daher kannst du dir aus unserer Liste mit Botanicals ein natürliches Pestizid gegen Blattläuse mischen und deine Pflanzen damit prophylaktisch besprühen. Das gibt den letzten Blattläusen den Rest!

Kann man Blattläuse mit Marienkäfern vollständig bekämpfen?

Es gibt auch Nützlinge, die im Kampf gegen Blattläuse eine entscheidende Unterstützung sein können. Marienkäfer können bis zu 100 Blattläuse am Tag verputzen und vermehren sich schnell. Allerdings sind sie für die Wohnung ungeeignet und verlassen den Ort, an dem sie ausgesetzt werden, wenn es ihnen dort nicht gefällt. Daher empfehlen wir Marienkäfer bei Blattläusen an Zimmerpflanzen nicht 

Gibt es noch andere Mittel gegen Blattläuse?

Im Moment wird vermehrt an Pheromonen im Kampf gegen Blattläuse geforscht. Z.B. die Stoffe EBF oder meSA ziehen Fressfeinde von Blattläusen an und vertreiben Blattläuse, da sie diese in einen Alarm Zustand versetzen und deren Flügelbildung fördern.

Auch scheinen Blattläuse manche Pflanzen „nicht besonders gut riechen“ zu können und meiden diese daher. Vermutlich sind der Grund dafür essenzielle Öle in den Pflanzen. Diese werden in Laboren aus den Pflanzen extrahiert und könnten eine neue Generation umweltschonender Pestizide einleiten.

Was gibt es sonst bei einer Zimmerpflanze, die mit Blattläusen befallen ist zu beachten?

  • In warmen Umgebungen wie einem beheizten Zimmer können Blattläuse Jahre verbringen, ohne dass sich Generationen mit Flügeln entwickeln. Daher kann ein Befall auch manchmal nur auf einer von vielen Zimmerpflanzen eintreten.
  • Trockene und warme Umgebungen wie z.B. beheizte Zimmer im Winter können zu explosionsartigem Wachstum einer Blattlauskolonie führen
  • Blattläuse können allergische Reaktionen wie Hautjucken auslösen
  • Gelbfallen (am effektivsten mit schwarzem Hintergrund) können benutzt werden, um fliegende Blattläuse einzufangen und eine Blattlauspopulation im Blick zu behalten.

Wie wählen Blattläuse ihre Wirtspflanze?

Blattläuse finden ihre Wirtspflanzen über Gerüche und Farben. Ihre Lieblingsfarben scheinen gelb und grün zu sein – am liebsten mit einem starken Kontrast, wie z.B. dunkler Erde im Hintergrund. Blattläuse sind allerdings schlechte Flieger und können ihre bevorzugte Pflanze daher nur ungefähr ansteuern. Haben sie diese trotzdem erreicht, dann folgt eine Testbohrung: Sie stechen mit ihrem Rüssel in das Pflanzengewebe und überprüfen, ob die Pflanze für einen Befall geeignet ist. Das dauert weniger als eine Minute und wenn die Pflanze ungeeignet ist, fliegen Blattläuse einfach weiter. Es gibt eine Reihe von Vorrausetzungen dafür, dass die jeweilige Pflanze geeignet ist:

  • Der Blattlausspeichel muss in der Lage sein die Verteidigungsmechanismen der Pflanze zu neutralisieren (artenabhängig)
  • Der Rüssel der Blattlaus muss lang genug sein, um das Phloem zu erreichen und gleichzeitig dünn genug, um in das Phloem zu passen
  • Die Pflanze sollte nicht bereits von der gleichen Art befallen sein – Untersuchungen lassen darauf schlussfolgern, dass Pflanzen nach einem Erstbefall eine gewisse Resistenz gegen einen Neubefall der gleichen Art entwickeln

Blattläuse und Viren

Leider tragen Blattläuse als sogenannte Vektoren häufig Viren in sich. Aus den 4 großen Gruppen der Pflanzenläuse (Blattläuse/Schildläuse/Blattflöhe/Mottenschildläuse) gehören 95% aller bekannten Arten, die Viren übertragen zu den Blattläusen. Außerdem sind Blattläuse Überträger von 30% aller bekannter Pflanzenviren weltweit.

Warum sind Blattläuse solche Virenschleudern?

Untersuchungen ergaben, dass Blattläuse von Viren befallene Pflanzen besonders gerne ansteuern und dadurch die Viren aufnehmen und selbst verbreiten. Sie könnten durch die häufige auftretende gelbe Farbe von erkrankten Pflanzen angezogen werden oder einen Virenbefall durch spezielle Gerüche wahrnehmen.  Außerdem vermehren sich Blattläuse schneller auf mit Viren infizierten Pflanzen, weshalb sie Viren sehr gut verbreiten.

Verschlimmern Pflanzenviren den Blattlausbefall?

Durch Blattläuse übertragene Pflanzenviren lassen sich in 2 Gruppen untergliedern: Nicht zirkulierende und zirkulierende Viren. Vereinfacht gesagt brauchen zirkulierende Viren ein bisschen länger, bis sie von einer Blattlaus weitergegeben werden können, während nicht zirkulierende Viren direkt übertragbar sind. Deshalb haben die beiden Virengruppen unterschiedliche Strategien: Die zirkulierenden Viren verbessern die Pflanzenqualität für Blattläuse, damit diese länger auf der Pflanze bleiben und sicher gehen, das Virus aufzunehmen. Die nicht zirkulierenden Viren verschlechtern die Pflanzenqualität für Blattläuse, damit die Blattläuse schnell auf eine andere Pflanze übersiedeln und diese mit dem Virus anstecken.

Wir lernen daraus: Manche Viren können den Blattlausbefall deiner Pflanze(n) reduzieren, dafür breiten sie sich schneller auf andere Pflanzen aus. Viren sind also immer blöd.

Warum sind Blattläuse und Ameisen so gut befreundet?

Ameise und Blattlaus, die sich mögenDie Liebesbeziehung von Ameisen und Blattläuse gibt es schon sehr lange: Seit ungefähr 75 Millionen Jahren entwickeln sich die beiden zusammen weiter und sie haben sich über die Zeit sehr gut aufeinander abgestimmt: Ameisen lieben die zuckerhaltigen Ausscheidungen (Honigtau) von Blattläusen und dürfen diese direkt aus dem Hinterleib von Blattläusen ernten. Im Gegenzug verteidigen Ameisen Blattläuse vor Fressfeinden. Je nach Art kann diese Freundschaft noch tiefgreifender werden: Manche Ameisen lagern Blattlauseier über den Winter in ihren Nestern und junge Ameisenköniginnen dieser Art nehmen sogar eines dieser Blattlauseier mit sich, wenn sie eine neue Kolonie begründen. Manche Blattläuse können auch durch die Bewegung ihrer hinteren Beine mit Ameisen kommunizieren.

Blattläuse haben noch mehr Freunde: Spezielle Bakterien leben im Verdauungstrakt der Blattläuse und helfen ihnen dabei aus dem Zellsaft der Pflanzen mehr lebenswichtige Aminosäuren zu ziehen.

Sind Blattläuse in Kombination mit Ameisen besonders schlimm sind?

Eher nicht. Neuere Forschungen zeigen, dass Ameisen auch den Nährstoffgehalt des von Blattläusen ausgeschiedenen Honigtaus erhöhen und dadurch den Blattläusen Nährstoffe „klauen“. Das führt dazu, dass die Blattläuse kleiner bleiben und sich weniger schnell vermehren.

Sind Blattläuse auch zu etwas zu gebrauchen?

Jedes Tier hat seine Berechtigung und ist Teil eines komplexen biologischen Systems. Blattläuse sind zwar nicht besonders förderlich für Pflanzen, aber sie sind ein wichtiges Glied in der Nahrungskette: Nicht nur für kleine Insekten wie Marienkäfer, sondern auch für manche Vogelarten wie z.B. den Goldzeisig in den USA. Auch wirtschaftlich haben Blattläuse eine gewisse positive Bedeutung. Zum Beispiel erzeugt die Art Schlechtendalia Chinensis Gallen, die in der traditionellen chinesischen Heilkunde zur Heilung von Fieber, Husten oder Durchfall eingesetzt werden.

 

Quellen

  • Brault et al. (2010): Aphids as transport devices for plant viruses
  • Brunissen et al (2009): Host-plant mediated interactions between two aphid species
  • Cranshaw (2013): Managing Houseplant Pests
  • Depa et al. (2020): Ant-induced evolutionary patterns in aphids
  • Döring (2014): How aphids find their host plants, and how they don’t
  • Dreyer/ Campbell (1987) Chemical basis of host-plant resistance to aphids
  • Gaillard (1950): The aphid—An insect allergen
  • Giordanengo et al. (2010): Compatible plant-aphid interactions: How aphids manipulate plant responses
  • Heimbach et al (2002): Weniger Blattläuse durch Mulchen?
  • Ikbal/Pavela (2018): Essential oils as active ingredients of botanical insecticides against aphids
  • Johnson (2008): BOTTOM-UP EFFECTS OF PLANT GENOTYPEON APHIDS, ANTS, AND PREDATORS
  • Kennedy (1950): Benefits to Aphids from Feeding on Galled and Virus-infected Leaves
  • Mauck et al. (2012): Transmission mechanisms shape pathogen effects onhost–vector interactions: evidence from plant viruses
  • Mauck et al. (2012): Transmission mechanisms shape pathogen effects on host–vector interactions: evidence from plant viruses
  • Nalam et al. (2019): Plant defense against aphids, the pest extraordinaire
  • Prado/Tjallingii (2007): Behavioral evidence for local reduction of aphid-induced resistance
  • Will/van Bel (2005): Physical and chemical interactions between aphids and plants
  • Xu et al. (2018): A push–pull strategy to control aphids combines intercropping with semiochemical releases

Hinterlasse einen Kommentar

Kommentar wird in Kürze veröffentlicht.