Inhalt
- Weiße Fliegen erkennen
- Lebensweise der weißen Fliegen
- Häufig befallene Pflanzen
- Schadensbild
- Bekämpfung und Kontrolle
- Arten der Weißen Fliegen
- Wechselwirkung mit anderen Arten
Weiße Fliegen erkennen: Symptome, Aussehen und Verhalten
Weiße Fliegen, auch Mottenschildläuse genannt sind 1-3 Millimeter große Schädlinge, die an den Unterseiten von Blättern Pflanzensaft abzapfen. Ihr Körper ist hellgelb, -grün und -rot oder selten schwarz gefärbt, aber sie erscheinen weiß, da ihr ganzer Körper von einer weißen Wachsstaubschicht überzogen ist.
Am schnellsten erkennt man weiße Fliegen daran, dass sie aufgeregt von der befallenen Pflanze wegspringen und fliegen, wenn man diese Pflanze berührt oder schüttelt.
Außerdem sind die Schädlinge an vertrockneten und gelben Flecken an Blättern und einer klebrigen Umgebung (Fensterbank, Blumentopf, Blätter) zu erkennen. Die klebrige Flüssigkeit ist Honigtau und wird auch von Verwandten der weißen Fliege wie Schildläusen und Blattläusen ausgeschieden. Also solltest du erst einmal überprüfen, ob es sich bei deinem Pflanzenbefall tatsächlich um Weiße Fliegen handelt.
Schaut man sich das Substrat der Pflanze genauer an, können auch dort weiße Fliegen oder Überreste des charakteristischen Wachsstaubes der Fliegen zu finden sein. Achtung nicht verwechseln: Weiße Überreste auf dem Substrat können auch Schimmelpilze oder Kalkrückstände vom Gießen
Große tropische Arten der Weißen Fliegen können bis zu 1 cm groß werden. Meistens sind die Weibchen wesentlich größer als die Männchen (Geschlechtsdimorphismus).
Lebensweise und -zyklus
Das Leben einer Weißen Fliege beginnt, wenn sie aus einem gelblich – grünen Ei, angeheftet an der Unterseite eines Blattes schlüpft. Sie ist dann bereits in guter Gesellschaft, denn die 0,1 Millimeter großen Eier sind meistens von der Mutter dicht aneinander in Halbkreisen gelegt worden. Das Geschlecht bestimmt die Mutter – paart sie sich vorher mit einem Männchen, dann wird aus dem Ei ein Weibchen, bleibt sie abstinent, dann schlüpfen aus den gelegten Eiern männliche weiße Fliegen.
Zurück zu unserer kleinen Weißen Fliege: Als madenähnliche gelb-grünliche Larve sucht sie nach dem Schlüpfen nach einer guten Stelle zum Pflanzensaft abzapfen. Hat sie einen solchen Platz gefunden verliert sie ihre Fähigkeit der Fortbewegung und setzt sich an diesem Ort fest. Dort verweilt sie mehrere Wochen, bis sie genug Nährstoffe gesammelt hat. Dann verpuppt sie sich, um sich endlich wieder bewegen und sogar fliegen zu können. Das vollentwickelte Insekt (Imago) legt dann richtig los: Bereits nach 24 Stunden legt es täglich 5-10 Eier. Bis die weiße Fliege nach 4 Wochen das Zeitliche segnet, kann sie bis zu 400 Eier gelegt haben: August der Starke kann da nicht mithalten.
Weiße Fliegen sind übrigens richtige Sommertypen: Sie entwickeln sich bei angenehmen 24° C innerhalb von ca. einen Monat, während sie bei 16° C doppelt so lange brauchen. Außerdem haben sie keinen Bock auf Winter - bei Temperaturen unter 0° überleben sie nicht lange. Daher kommen Weiße Fliegen in Europa auch am häufigsten in warmen Gewächshäusern und an Zimmerpflanzen vor. Sind warme leicht feuchte Bedingungen gegeben dann entwickeln sich 5-10 Generationen im Jahr.
Das Wachs am Körper der Weißen Fliege schützt sie vor dem Austrocknen und zu hoher Feuchtigkeit
Häufig befallene Pflanzen
Die meisten Arten der weißen Fliege haben ein sehr breites Wirtsspektrum. Zum Beispiel sind für Bemisia tabaci mehr als 500 Wirtspflanzenarten bekannt und für Trialeurodes vaporariorum sogar über 850.
Zimmerpflanzen, die öfter von weißen Fliegen befallen werden sind z.B. Schefflera, Ficus, Yucca und andere Palmen.
Schadensbild
Die wirtschaftlichen Schäden, die durch weiße Fliegen verursacht werden, summieren sich weltweit auf mehrere hundert Millionen Dollar:
Durch das Aussaugen von Blattvenen entziehen sie ihren Wirtspflanzen direkt Energie. Sie injizieren dabei Speichel, der das Pflanzengewebe schädigt und Photosynthese und Transpiration behindert. Bei einem starken Befall kann das dazu führen, dass befallene Blätter verblassen oder sogar absterben.
Überschüssige Kohlenhydrate sondern die Schädlinge als Honigtau ab, der sich auf anderen Blättern der Pflanze und in der Umgebung ansammelt und klebt. Auf diesen klebrigen Honigtauflecken siedeln sich oft schwarze Rußtaupilze an, die die Pflanze bei der Photosynthese behindern und schlecht aussehen.
Gefährlicher für Pflanzen ist allerdings die Fähigkeit von Weißen Fliegen Pflanzenviren zu übertragen. Glücklicherweise sind allerdings nur 6 der vielen Arten dafür bekannt Träger von Viren zu sein (siehe Arten) und diese Arten kommen in Deutschland nicht in freier Natur vor. Allerdings wurden Trialeurodes vaporariorum und Bemisia tabaci bereits in deutschen Gewächshäusern nachgewiesen und können daher auch auf gekauften Pflanzen vorkommen. Ein Grund mehr mit unseren Anzuchtsets deine Zimmerpflanzen Anzucht selbst in die Hand zu nehmen!
Zusätzlich können manche Arten der weißen Fliegen spezielle Krankheiten wie Silberblatt bei Kürbis oder Weißstreifenstörung bei Kohl erzeugen.
Bekämpfung und Kontrolle
Wie bei allen Schädlingen gilt auch bei weißen Fliegen: Die Schädlinge sind in der Regel als Symptome für unpassende Lebensbedingungen der angefallenen Pflanze zu verstehen. Stimmen Wasser, Substrat, Temperatur und Lichtverhältnisse? Dann können wir uns mit der schädlingsspezifischen Behandlung beschäftigen.
Weiße Fliegen loswerden: Schritt für Schritt
- Isolation: Im Winter können frostfeste Pflanzen z.B. ins Freie gestellt werden. Bei Minusgraden und niedriger Lufttemperatur sterben weiße Fliegen nach wenigen Tagen ab.
- Reinigung: Alle stark befallenen, vertrockneten oder toten Pflanzenteile vorsichtig abschneiden und in der schwarzen Tonne entsorgen.
- Bestandsaufnahme: Wie viele weiße Fliegen schwirren herum? Das lässt sich am besten mit einer Gelbtafel in der Nähe der befallenen Pflanze feststellen. Ohne Gelbtafel kannst du auch ungefähr zählen, wie viele weiße Fliegen auf der Pflanze zu sehen sind. Das funktioniert am besten am frühen Morgen, wenn die weißen Fliegen am inaktivsten sind. Die Bestandsaufnahme hilft uns, später abzuschätzen, ob unsere Behandlung erfolgreich war.
- Behandlung: Die befallenen Stellen können nun vorsichtig mit wasserverdünntem Rapsöl (4:1) besprüht werden. In unserer Biopestizidübersicht findest du weitere natürliche Pestizide zur Behandlung und eine ausführliche Erklärung zur Herstellung.
Regelmäßiges Lüften hilft dabei, die Luftfeuchtigkeit und Temperatur in deiner Wohnung zu reduzieren und sorgt dafür, dass weiße Fliegen es sich 2 mal überlegen, sich bei dir niederzulassen.
Alternative Behandlungen (eher für den Garten)
Synthetische Kontrolle:
Vom Einsatz raten wir ab. Synthetische Spritzmittel solltest du nicht in deiner Wohnung einsetzen, da sie sonst dir selbst schaden könnten. Außerdem bilden weiße Fliegen schnell Resistenzen gegen synthetische Spritzmittel, so dass eine Behandlung wahrscheinlich nicht richtig anschlagen wird. Über die Umweltkomponente müssen wir nicht sprechen.
Biologische Kontrolle:
Fraßfeinde der weißen Fliege sind zur Bekämpfung in Gewächshauskulturen sehr beliebt. Hier kommen z.B. Schlupfwespen, Erzwespen (Encarsia formosa), Florfliegen, Raubwanzen oder auch Marienkäfer zum Einsatz.
Auch diese Bekämpfung ist bei Zimmerpflanzen ungeeignet. Wer will schon parasitäre Wespen bei sich in der Wohnung herumfliegen haben?
Pflanzliche Kontrolle:
Einige Pflanzen üben eine abschreckende Wirkung auf weiße Fliegen aus und können daher in der Nähe gefährdeter Pflanzen wachsen, um diese zu schützen:
- Die Giftbeere (Nicandra physaloides) reduziert den Befall von weißen Fliegen innerhalb von ca. 5 Quadratmetern durch ihren Geruch.
- Auch Studentenblumen wirken abstoßend auf weiße Fliegen, wahrscheinlich durch das Limonen (pflanzlicher Geruchsstoff), dass sie als Geruch abgeben. Es hat sich gezeigt, dass es effektiver ist, Studentenblumen schon vor einem Befall als Abschreckung zu platzieren. Werden sie erst nach einem Befall in die Nähe der befallenen Pflanze gestellt ist ihre Schutzwirkung geringer.
- Außerdem abschreckend wirken z.B. Thymian, Basilikum oder Salbei.
Zinnien, Honigmelonen Salbei und Monarda hingegen wirken anziehend auf Fraßfeinde von weißen Fliegen und können auf diese Weise behilflich sein. Minze kann den anziehenden Geruch von Wirtspflanzen der weißen Fliege durch ihren eigenen Geruch überdecken und die Wirtspflanze dadurch „verstecken“. Der Einsatz erscheint im Garten sinnvoller. Wir werden den Einsatz für Zimmerpflanzen in Zukunft testen und berichten.
Weiße Fliegen sind so klein, dass sie sich kaum durch Fliegengitter abschirmen lassen.
Weiße Fliegen Arten
Es gibt mehr als 1550 Arten von weißen Fliegen weltweit. Davon leben mindestens 56 in Europa und mindestens 17 in Deutschland.
Weiße Fliegen in Deutschland (freie Natur)
Aleurolobus wunni, Aleyrodes asari, Asterobemisia paveli, Asterobemisia obenbergeri, Aleyrodes lonicerae, Aleyrodes proletella, Aleurochiton aceris, Aleurochiton acerinus, Siphoninus phillyreae, Asterobemisia carpini, Aleurochiton pseudoplatani, Dialeurodes chittendeni, Tetralicia ericae, Aleurotuberc ulatus similis europaeus, Calluneyrodes callunae, Trialeurodes ericae, Siphoninus immaculatus, Siphonin us phillyreae, Pealius quercus, Aleyrodes lonicerae, Asterobemisia carpini
Wirtschaftlich relevante weiße Fliegen (vor allem Landwirtschaft)
z.B. Aleyrodes proletella, Alaurocanthus woglumi, Bemisia tabaci und Trialeurodes vaporariorum
Virenübertragende Weiße Fliegen
Bemisia tabaci (Bergomoviren, Ipomoviren, Criniviren, Carlaviren, Torradoviren), Bemisia afer (Criniviren),Trialeurodes vaporariorum (Criniviren, Torradoviren), Trialeurodes abutiloneus (Criniviren), Trialeurodes ricini (Bergomoviren), Bemisia argentifolii (Begomoviren)
Für eine genaue Bestimmung kann man Klausnitzer/ Stresemann (2011) S178-180 zu Hilfe nehmen.
Wechselwirkungen mit anderen Lebewesen
Dass weiße Fliegen gute Flieger sind, die auch einmal Langstreckenflüge von über 2 Stunden durchführen oder zumindest für diese Zeit vom Wind durch die Luft gewirbelt werden, kommt bei anderen Schädlingen gut an: Die Breitmilbe (eine Spinnmilbenart) kann weiße Fliegen durch den Geruch ihres Wachses erkennen und nutzt diese als Privatjet. Um zu neuen Wirtspflanzen zu gelangen, heftet sie sich an die weiße Fliege und hält sich so lange gut fest, bis sie an einer guten Nahrungsquelle angekommen ist.
Gleichzeitig haben Minierfliegen gar keine Lust auf weiße Fliegen. Verständlich… Minierfliegen können ja auch selbst fliegen und brauchen keinen extra Flugservice. Naja wie auch immer: Minierfliegen der Art Gemüseminierfliege, die auf bereits von weißen Fliegen befallenen Pflanzen ausgesetzt wurden, hatten viel geringere Überlebensraten als auf unbefallenen Pflanzen.
Können verschiedene Arten von weißen Fliegen auf der gleichen Pflanze leben? Ja das geht. Verschiedene Arten bevorzugen auch verschiedene Orte an der Pflanze z.B. hohe oder tiefe Blätter. So hat jede Art erst einmal genug Platz. Allerdings hat sich in Experimenten gezeigt, dass bei einem doppelten Befall durch verschiedene Arten nach spätestens 2 Generationen nur eine der beiden Arten bleibt. Welche Art den „Kampf“ um die Wirtspflanze gewinnt hängt davon ab was es für eine Pflanze ist.
Weiße Fliegen reagieren unterschiedlich auf kranke Pflanzen. Bei Experimenten mit virenbefallenen Wirtspflanzen wirkten sich einige Pflanzenviren eher positiv auf die Überlebenschancen von Tabakmottenschildläusen aus, während andere Viren signifikant negativ auf das Überleben wirkten. Es hat sich gezeigt, dass sich bei manchen Arten Biotypen (Gruppen mit ähnlichen genetischen Merkmalen) entwickeln, die hochgradig positiv auf Viren reagieren. Vom Pilz Acremonium strictum befallene Pflanzen wirkten attraktiver auf Weiße Fliegen.
Quellen (ausklappen)
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