Zimmerpflanzen selber ziehen - Das sind die Vorteile der eigenen Anzucht

30. Apr 2023

Hand, die einen Samen hältDie eigene Anzucht von Zimmerpflanzen aus Samen ist eine nachhaltige Alternative zum Kauf von herkömmlichen Zimmerpflanzen. In diesem Beitrag schauen wir uns die vielen Vorteile der Anzucht aus Samen an. Außerdem stellen wir dir auch die Herausforderungen der Zimmerpflanzen Anzucht vor. Wenn du nach einer Schritt-für-Schritt Anleitung zur Anzucht von Zimmerpflanzen aus Samen suchst, empfehlen wir hingegen diesen Beitrag: Zimmerpflanzen Samen Anzucht.

Inhalt

  1. Übersicht: Vorteile der Zimmerpflanzen Anzucht
  2. Vorteile Zimmerpflanzen selber ziehen
  3. Schwierigkeiten: Zimmerpflanzen selber ziehen

Übersicht: Zimmerpflanzen selber ziehen

Hier findest du alle wichtigen Vorteile und Schwierigkeiten der Zimmerpflanzen Anzucht kurz zusammengefasst. Im folgenden sind die einzelnen Gedankenpunkte näher erläutert.  

Vorteile

Schwierigkeiten

  • großes Vermeidungspotenzial für Müll, Torf und Emissionen
  • gesundes und robustes Wachstum deiner Pflanze
  • keine gesundheitsschädlichen Chemikalien (Pestizide, Wachstumshormone etc.) gelangen in deine Wohnung
  • Keimlinge sind platzsparend
  • entschleunigende Erfahrung der Keimung und Anzucht setzt sich gegen die Kurzlebigkeit und Wegwerfkultur bei  Zimmerpflanzen
  • Entwicklung einer besonderen Beziehung zur Zimmerpflanze
  • besondere Lernerfahrung
  • Sicherung der genetischen Vielfalt von Zimmerpflanzen
  • Symbolik des Wachstums und der Entwicklung 
  • nicht alle Zimmerpflanzen eignen sich für die Anzucht
  • Keimlinge benötigen in der ersten Lebensphase viel Fürsorge und gute Bedingungen, um sich zu entfalten
  • wenig Informationen über die Anzucht von Zimmerpflanzen verfügbar (woran wir mit unserer Seite arbeiten)

Vorteile: Zimmerpflanzen selbst ziehen

1. Keine Chemikalien

Unserer Einschätzung nach, ist die größte Problematik mit konventionellen Zimmerpflanzen, dass die meisten von ihnen mit einer ganzen Palette von Giftstoffen behandelt werden. Diese Chemikalien sind mitunter auch für Menschen gesundheitsschädigend (mehr erfahren). Da es kaum Bio-Pflanzen ohne Chemikalien gibt, ist es auch schwierig, bewusst chemikalienfreie Pflanzen zu kaufen. Als Alternative vermeidest du mit selbst gezogenen Zimmerpflanzen dieses Problem. Du entscheidest schließlich selbst, welche „Hilfsmittel“ du bei der Anzucht verwendest. Wenn alle Stricke reißen, dann kannst du immer noch auf natürliche Pestizide gegen Schädlinge zurückgreifen.

2. Weniger Schädlinge

Die konventionelle Pflanzenzucht kann unter Umständen die Verbreitung von Pflanzenschädlingen fördern. So werden über 80% der in Deutschland verfügbaren Zimmerpflanzen aus dem globalen Süden importiert und dabei können versehentlich Neophyten, also nicht heimische (Schädlings-)arten nach Deutschland gelangen. Auch wenn die Pflanzen „nur“ aus Gewächshäusern in den Niederlanden stammen, fördert die Massenaufzucht und der Transport die Verbreitung von Schädlingen. Beispielsweise wurden in einer Stichprobe von Weihnachtssternen auf mehr als 10% aller untersuchten Pflanzen Thripse gefunden. Wenn du deine Pflanze selbst keimen lässt, dann vermeidest du, dass neue Schädlinge über gekaufte Pflanzen in deine Wohnung gelangen.  

3. Weniger Müll

müll vermeiden bildWir haben in unserer Nachhaltigkeitsanalyse von Zimmerpflanzen eine Auflistung von Abfall veröffentlicht, der bei der konventionellen Pflanzenzucht entsteht. Neben Plastiktöpfen, Bewässerungssystemüberresten und Plastikfolien sind das z.B. auch Gelbsticker und Transportverpackungen. Bei der eigenen Anzucht kannst du die Müllerzeugung auf das Mindeste reduzieren indem du alle möglichen Transportbehälter und Plastiktöpfe einfach weglässt. Auch unsere Anzuchtsets sind stark müllreduziert. 

4. Weniger Emissionen

Neben einer Menge Müll entstehen bei der Pflanzenzucht leider auch einige Emissionen. Die größten Übeltäter sind hierbei die Gewächshäuser, die zur Anzucht auf tropische Temperaturen aufgeheizt werden müssen und der Flugtransport von Pflanzen aus wärmeren Gefilden. Da du deine eigenen 4 Wände im Winter sowieso beheizt, brauchst du keine weitere Energie aufwenden, um Zimmerpflanzen selbst aus Samen zu ziehen. 

5. Widerstandsfähigere Pflanzen

Zu diesem Punkt gibt es leider bisher keine aussagekräftigen Studien, aber es ist eine Erfahrung, die wir über die Zeit als Anzuchtfans gewonnen haben und die wir auch bei vielen Gärtnerfreunden bestätigt bekommen haben. Pflanzen, die sich einen Standort „aussuchen“, indem sie an diesem selbst keimen, sind widerstandsfähiger als Pflanzen für die der Standort „ausgesucht wurde“, indem sie dahin gestellt oder umgetopft wurden. Das ist logisch, da die selbst gekeimte Pflanze ihr ganzes Leben lang Zeit hat, sich an einen Standort anzupassen. Eine umgesetzte Pflanze hingegen, erleidet am neuen Standort erst einmal einen Umweltschock und muss sich neu Akklimatisieren. 

6. Sicherung der genetischen Ressourcen von Pflanzen 

Viele Zimmerpflanzen aus dem Pflanzenhandel werden über Ableger vermehrt. Das ist praktisch, führt allerdings dazu, dass es weniger Variation im Erbgut mancher Zimmerpflanzenarten gibt. Es werden einfach zahlreiche Klone einiger Mutterpflanzen in den Umlauf gebracht. Fehlende Variation im Erbgut bedeutet allerdings auch fehlende Risikostreuung. Schädlinge können sich auf die wenigen Erbgutvariationen spezialisieren und die Verteidigungsmechanismen dieser leichter umgehen. Auch führt weniger Variation dazu, dass die Art sich langsamer an neue Umwelteinflüsse wie klimatische Veränderungen anpassen kann. Durch die Anzucht durch Samen spendest du einer Art neues Erbmaterial. Die „Erbguthilfe“ ist natürlich besonders für bedrohte Arten, die sich in der Natur nicht mehr ausreichend ausbreiten relevant. Ein Beispiel für eine bedrohte Zimmerpflanzenart ist der kanarische Drachenbaum, den wir auch im Anzuchtset anbieten.

7. Keimlinge sind platzsparend

Du hast im Moment nicht genug Platz für eine 2-Meter Monstera, z.B. weil du Student bist und in einer WG wohnst? Kein Problem, mit Keimlingen fängst du klein an: Keimlinge passen auf jedes noch so kleine Fensterbrett und ehe sie die Größe einer ausgewachsenen Zimmerpflanze erreichen, vergehen ein paar Monate bis Jahre. Bis dahin hast du sicherlich eine größere Wohnung oder findest auf eine andere Weise Platz.

8. Spezielle Bindung zu deinen Keimlingen   

Es gibt eine spannende und anhaltende Diskussion darüber, ob es Sinn macht, Pflanzen zu „humanisieren“, also Pflanzen menschliche Attribute und Fähigkeiten wie Gefühlswahrnehmung zuzuschreiben. Wir wollen darauf in diesem Beitrag nicht weiter eingehen, sondern lassen jedem Leser offen, wie er „Bindung zu Pflanzen“ für sich interpretiert. Fakt ist, dass man durch das eigene Anziehen von Zimmerpflanzen eine Menge über die Pflanze lernt und auch eine besondere Wertschätzung für die Pflanze entwickelt, deren Weg man von ihrer „Geburtsstunde“ an begleiten durfte.

Schwierigkeiten: Zimmerpflanzen selber ziehen

1. Viel Aufwand in der ersten Lebensphase

Bei der Aussaat von Zimmerpflanzen sollte beachtet werden, dass in der Anfangszeit sehr viel Aufmerksamkeit für den Samen bzw. Keimling nötig ist. Anfangs muss das Substrat durchgehend feucht gehalten werden und es muss dafür gesorgt werden, dass das Raumklima konstant bleibt. Die jungen Pflanzen müssen regelmäßig überprüft werden und gegebenenfalls umgetopft werden, da sie schnell wachsen. Erst nach einigen Wochen haben sich die Pflänzchen stabilisiert und brauchen weniger Pflege. 

2. Wenig Hilfestellung 

pflanzenpflege rätselAuch wenn die Vorteile der eigenen Keimung die Nachteile klar überwiegen, gibt es im Moment leider wenige Informationen und Hilfestellungen für die Anzucht von Zimmerpflanzen. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, diese Wissenslücke zu schließen und veröffentlichen regelmäßig Beiträge, die dir bei deiner Anzucht helfen. Außerdem bieten wir perfekt abgestimmte Anzuchtsets an, welche die eigene Anzucht von Zimmerpflanzen stark vereinfachen.

3. Nicht alle Pflanzen eignen sich zur Keimung

Leider lassen sich nicht alle bekannten Zimmerpflanzen ohne Weiteres selbst ziehen. Einerseits gibt es Pflanzen wie Grünlilien, die sich wesentlich besser aus Absetzern gewinnen lassen und deren Samen recht selten sind.

Andererseits gibt es auch Pflanzen, die einfach sehr geringe Keimquoten haben und Spezialanforderungen stellen, um erfolgreich zu keimen. So benötigen viele Baumsamen eine Stratifikation (Kältebehandlung), um keimen zu können und manche Palmenarten brauchen mehrere Jahre, um erfolgreich zu keimen. Solche Pflanzen eignen sich tendenziell nicht zur Anzucht. Die Anzucht soll eine besondere und unterhaltsame Erfahrung sein und nicht von Frustration geprägt sein.

Quellen:

Navas-Castillo, J., Fiallo-Olivé, E. & Sánchez-Campos, S. (2011). Emerging Virus Diseases Transmitted by Whiteflies. Annual Review of Phytopathology, 49(1), 219–248. https://doi.org/10.1146/annurev-phyto-072910-095235

Nachrichtenblatt des Deutschen Pflanzenschutzdienstes 46, 11 (1994): Neue Aspekte zur Bedeutung und  Bewertung von Bemisia tabaci (Gennadius), S. 255

Sallinen, S., Norberg, A., Susi, H. et al. Intraspecific host variation plays a key role in virus community assembly. Nat Commun 11, 5610 (2020). https://doi.org/10.1038/s41467-020-19273-z

www.pflanzpaket.de/blog/themen/nachhaltigkeit

 

 

 

 

 

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Elke Wilde

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